Maria, die heilige Jungfrau und Mutter Jesus Christus, wird seit dem 3. Jahrhundert n.Chr. isoliert repräsentativ inszeniert oder eingebunden in einen erzählenden Zyklus dargestellt. War sie zu Beginn des Christentums nur Teil des Heilsmysteriums, so gewann sie nach dem Konzil von Ephesos (431 n. Chr.) in der Rolle der Theotokos (Gottesgebährerin) immer mehr an Bedeutung. Ein regelrechter Marienkult entstand, in dessen Zuge sich die meisten ikonographischen Typen herausbildeten.
Frühe Typen sind Maria orans und Maria imago clipeata. Ersterer zeigt Maria einzeln mit zum Himmel gestreckten Händen. In diesem Gebetsgestus ist sie frontal stehend in Ganz- oder Halbfigur dargestellt. Häufig auch unter der Bezeichnung Blacherniotissa bekannt, ist es eine beliebte Darstellungsform für Hauptapsis-Bildnisse gewesen, u.a. in der Sophienkathedrale in Kiew und im Kloster Blachernas in Byzanz, auf welches die Bezeichnung zurückgeht. Der zweite Typus zeigt die sitzende Maria mit dem segnenden Christuskind auf einem Schild vor ihrer Brust. Beide Typen gelten als Urform des marianischen Devotionsbildes.
Die größte Ausbreitung fand das Bildnis der frontal thronenden Gottesmutter, Hypselotera. Erstmals nachweisbar am Apsisbild der Sta. Maria Maggiore in Rom (nach 432 n.Chr.), setzte sich dieser Bildtypus spätestens nach der Anfertigung des Apsisbildes in der Hagia Sophia in Konstantinopel, dem ehemaligen Byzanz, (867 n.Chr.) für die Apsisgestaltung durch.
Ebenfalls große Verbreitung fand das Bild der stehenden Maria mit dem Christuskind auf dem Arm. Als Halbfigur und das Kind im linken Arm tragend, wird dieses Marienbildnis als Hodegetria (Wegeführerin) bezeichnet, benannt nach dem Standort seines Prototyps, dem Hodegonklosters in Konstantinopel. Eine Variante davon ist die Dexiokratusa, bei der das Kind auf dem rechten Arm sitzt. Bei gleicher Darstellung, jedoch mit dritter Hand unter dem Kind, spricht man vom Bildtypus der Tricherusa. Er spielt auf eine Legende der berühmten Ikone im Athos Kloster Chilendar an.
Nikopoia oder Kyrotissa wird der Bildtypus der axial-frontal stehenden Maria mit dem Jesusknaben im Arm genannt. Ein bekanntes Beispiel ist das Mosaik in der Koimesiskirche in Nicaea. Ein weiterer wichtiger Bildtypus ist die Elensa (die Barmherzige), auch Glykophilusa (die Süßküssende) genannt. Maria ist mit dem Kind gezeigt, die Wangen aneinander geschmiegt. Das bedeutendste Beispiel ist die „Madonna von Wladimir“ (um 1131), heute in der Tretjakowgalerie in Moskau befindlich. Die Ikone wurde in Byzanz angefertigt und nach ihrer Ankunft in Russland mit einem silbernen Oklad überzogen.
Dies ist nur eine Auswahl an Marienbildnistypen. Die hier genannten Bezeichnungen werden für gewöhnlich ausschließlich für byzantinische Ikonen gebracht. Auch wenn die meisten Bildtypen der Maria auf dem Balkan unverändert den Namen übernommen haben, so wurden sie in Russland neu bezeichnet und durch unzählige Varianten erweitert. Im Westen wurden diese Bildtypen angenommen dabei jedoch stilistisch größtenteils verändert. Gerade die Mutter-Kind-Beziehung spielt eine bedeutende Rolle in der neuzeitlichen Kunst des Abendlandes. Während in der Ostkirche vollplastische Bildwerke abgelehnt werden, treten diese im Westen schon früh auf. Eines der ältesten Beispiele einer freistehenden Plastik Mariens ist die Goldene Madonna in der Essener Domschatzkammer (um 937-982).